Dr. Roland Forster

Kurz & Bündig

Verhandeln 1: Welche Optionen haben Sie?
Im Bereich der mündlichen Kommunikation gilt Verhandeln als Königsklasse, findet sich also weit oberhalb der ersten Bundesliga. Bei dieser Form von Gesprächen handelt es sich um einen sehr komplexen Prozess, bei dem hohe Anforderungen an alle Beteiligten gestellt werden. Dies betrifft deren rezeptive und produktive Fähigkeiten.


Was Sie unbedingt vermeiden sollten: „Gut, dass ich Sie treffe (auf dem Flur, in der Kantine, am Ende der Mittagspause, auf dem Parkplatz usw.). Können wir kurz über Ihre Anfrage sprechen?“ - Ein solches Ansinnen sollten Sie unbedingt ablehnen, natürlich höflich, aber bestimmt. Dieser Überfall hindert Sie nämlich daran, sich auf ein - wahrscheinlich schwieriges - Gespräch vorzubereiten. Und vor allen Dingen haben Sie keine Chance, zu prüfen, ob Sie überhaupt verhandeln sollten. Das ist die grundsätzliche Frage, die zuerst geklärt werden muss. Viele Menschen laufen stattdessen blind in diese spezielle Kommunikationsfalle.


Es könnte immerhin sein, dass die sogenannte ‚beste Alternative‘ Ihren Interessen genügt und ein akzeptables Ergebnis darstellt; Sie müssen also gar nicht verhandeln, sondern erreichen Ihre Ziele auf anderen Wegen. Diese Optionen haben Sie im Idealfall ausreichend recherchiert und geprüft: Welche Alternative ist möglich? Wo sind Vor- und Nachteile? Was ist eventuell sinnvoller als eine schwierige Verhandlung? Günstiger? Attraktiver? Langfristig besser? Zur Prüfung dieser Fragen brauchen Sie natürlich Zeit, und deshalb sollten Sie sich nicht ‚zwischen Tür und Angel‘ in eine Verhandlung hineinziehen lassen.

Beispiele:

Wenn Sie das Pech hatten, auf einem Parkplatz eine Kurve zu eng genommen und dabei einen anderen Wagen touchiert zu haben, sind verschiedene Verhaltensweisen denkbar:


a) Sie verkrümeln sich unauffällig - keine gute Idee, Sie machen sich strafbar, irgendjemand sieht immer etwas.
b) Sie warten auf den Besitzer des anderen Fahrzeugs und gehen dabei rasch Ihre Optionen durch: sofort Ihren Fehler zugeben und besprechen, wie der Schaden behoben werden kann, also verhandeln. / Sie übergeben Ihre Kontaktdaten und kündigen an, dass Ihre Rechtsschutzversicherung sich melden wird - das heißt also, Sie entscheiden sich gegen eine Verhandlung an Ort und Stelle und wählen eine akzeptable Alternative, also eine andere Option. / Sie verhandeln mit dem Ziel, dem Unfallgegner klarzumachen, dass er sich wirklich blöd hingestellt hat und damit eine Teilschuld übernehmen muss, Sie wählen also die Option Streit, Vorwürfe, Stress.

Wenn Sie sich ein neues Auto leisten und in Ihrem Autohaus auf der Farbe ‚Karminrot‘ bestehen, haben Sie eigentlich keine Option: entweder steht so ein Fahrzeug herum oder nicht. Wenn Ihre Option dagegen heißt: die Farbe ist egal, aber nicht schwarz – dann haben Sie die Zahl Ihrer Optionen sofort vergrößert.

Ein letztes, sehr alltägliches Beispiel von einem Besuch einer Mensa einer französischen Universität: Jeder 'Kunde' bekommt, je nach Wunsch, Teller und Schüsseln auf sein Tablett gestellt. Als letzte Station wartet eine freundliche Mitarbeiterin mit einem kleinen Glas Rotwein und versucht zu erkennen: ja oder nein? Wenn Sie jetzt ausgesprochener Weißweintrinker sind, verzichten Sie wahrscheinlich. Wenn Sie mittags keinen Alkohol trinken, auch. Sie könnten aber auch eine andere Option realisieren, den Rotwein akzeptieren und anschließend verschenken; mit dieser Geste erzielen Sie eine Wirkung, die Sie möglicherweise strategisch nutzen wollen, usw.

Sie sehen also, Schritt 1 heißt immer: Muss ich überhaupt verhandeln? Dazu ist es notwendig, alle Optionen zu prüfen, die mir einfallen. Dazu brauche ich in der Regel ein bisschen Zeit – Konsequenz: in Verhandlungen nur vorbereitet einsteigen!

 

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